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 Sertig 2002

Sertig- Revival vom 16. –19.3. 2002

Anfang der neunziger Jahre führte uns die Osterskitour einige Male nach Sertig in einem Hochtal südlich von Davos und das schöne, vielfältige Skitourengelände blieb uns in guter Erinnerung – neben einigen anderen denkwürdigen Begebenheiten wie steilen Nachmittagsrinnen, süffigem Calandabräu, leckerer Heidelbeer- oder Rüblitorte und rucksackfüllende Hofhunden. Die Idee, diese Erinnerungen bei einem „Sertig- Revival“ aufleben zu lassen, war geboren.

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Nachdem im letzten Jahr ein starker Wärmeeinbruch zur Absage des Termins geführt hatte, ließ die Wetterprognose diesmal Gutes erwarten. Etwas schwierig war nur die Einschätzung der Schnee- und Lawinenlage von zu Hause aus, war doch der bisherige Winterverlauf in allen zentalalpinen Lagen durch gefährliche und wenig genussbefördernde Situationen gekennzeichnet.

So machten wir uns zu siebt am Samstag morgen ziemlich gespannt auf Richtung Davos, ließen dort angekommen das Sertigtal erst mal links liegen und steuerten weiter nach Westen, um schließlich nach Monstein hinaufzukurven. Die berühmte Monsteiner Heideltorte wurde beim Wirt schon ausgelobt, trotzdem suchten wir möglichst flott in Gang zu kommen, da bei strahlendem Sonnenschein „Sumpf“ drohte. Kurz vor der Alp verließen wir die allgemeine Trasse Richtung Bühlenhorn und bald bissen sich die Harscheisen in den gefrorenen Schnee, hinauf in steilen Kehren über den unberührten Westrücken Richtung Chrachenhorn. In allen Schattenlagen beeindruckten weiträumigen Schneebrettanrisse - durch den schlechten Schneedeckenaufbau des niederschlagarmen Hochwinters verursacht - ,doch bei uns stieg die Hoffnung, in unserer Südwest-Exposition den passenden Abfahrtsschnee wählen zu können. Und richtig, unser Rücken verwöhnte mit ausreichend gesetztem Schnee und einer gemütlichen Rastmöglichkeit bei einer Heuhütte. Allzulang durften wir diesen Luxus aber nicht genießen, es warteten ja noch 800 Höhenmeter hinauf bis zum Gipfel. Dieser war mit einem seltsamen Kreuz geschmückt. Beim Näherkommen entpuppte es sich als automatische Messstation des Lawinenforschungsinstitutes, mit Webcam, die auf der Internetseite des SLF aufzurufen ist. Leider versäumten wir es, die Webcam so auszurichten, dass zukünftige Besteigungen des Chrachenhorns daheim vom Sofa aus zu verfolgen sind. Wir verschwanden nämlich nach kurzem Rundumblick schnell vom Gipfel. Nach den ersten verblasenen, weil nordseitigen Absätzen des Gratrückens konnten wir die Westhänge nutzen, und entgegen allen Befürchtungen hielt hier der Firn bis hinunter in den Talboden und so saßen wir schon bald auf der Terrasse beim Heidelbeerkuchen und Calandabräu.

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Der ausgesucht guten Stimmung in der Truppe tat es auch keinen Abbruch, dass an diesem Abend weder in unserem Quartier – dem Walserhuus – noch anderweitig im malerischen Sertig- Dörfli ein freier Wirtshaustisch zu bekommen war. So ersetzten wir einfach Speisekarte mit Brotzeitresten, angereichert mit eingeschmuggeltem Rose´ und den guten Witzen von Andi –unserem ebenfalls eingeschmuggelten, verrückten Inntaler. Inntaler, ob verrückt oder nicht, haben aber von der berühmten Allgäuer Schneegrubentechnik zu unserem Erstaunen überhaupt keine Ahnung, so dass ihm Simone hier einen kleinen Einführungskurs verabreichte, - allerdings nur verbal und theoretisch.

Im Wissen um die Haltbarkeit des Firns genossen wir am nächsten Morgen das feudale Frühstücksbuffet im Walserhuus ohne Eile. Dann stiefelten wir ein halbes Stündchen Richtung Sertigpass, um über steile Westflanken links Richtung Sattelhorn abzubiegen. Auf der Terrasse in halber Höhe entschieden wir uns aber gegen das Sattelhorn. Uns stand der Sinn weniger nach Eierei über Lawinenkegel und Bruchharsch, wir steuerten stattdessen über steile, noch harte Südwesthänge den Punkt 2867 am Grat an. Diese Entscheidung wurde mit einer makellosen Firnabfahrt belohnt, leider waren die 1100 Höhenmeter in den Talgrund und hinaus nach Sertig nur zu schnell vorbei. Dort wartete schon die gutbesuchte Sonnenterasse vor dem Walserhuus, aber drei Unentwegte erlagen nur kurz diesen Versuchungen und schwitzten ihr erstes „Schütt- Calanda“ in den Westhängen des G´froren Horn schnell wieder aus. Für ein echtes „Sertig- Revival“ in der große Show-Rinne über´m Parkplatz war es zwar schon zu weich, aber 500 Höhenmeter Fleißaufgabe über eine kleinere Rinne wurden auch so mit schöner Nachmittagsstimmung und überwiegend gut fahrbarem Sulzschnee belohnt. – ganz zu schweigen von dem wunderbaren Calanda- Zusatzdurst.

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Diesmal gab´s zur Abwechslung auch noch was zum Abendessen, die Taktik für den nächsten Morgen jedoch blieb gleich, nur zogen wir unsere Spur über wiederum wunderschönes Skigelände erst ein Stück weiter hinten über die Westhänge. Diesmal wurde es aber oben noch eine Ecke steiler und sicheres Gehen im langen felsdurchsetzten Steilhang war angesagt, bevor wir schließlich über flachere Terrassen den Gipfel des Leidhorn ansteuern konnten. Heute durften wir uns eine ausgedehnte Gipfelrast gönnen, den der steile Hang musste sowieso erst noch weiter auffirnen. Angesichts der traumhaften Firnverhältnisse gab es wieder strahlende Gesichter, und hätte sich der Autor nicht schon am morgen beim Anschnallen der Ski zweimal in den Schnee begeben, hätte die Sturzkassenverwaltung (Simone) nach diesem Tag entgültig das Konkursverfahren einleiten müssen. .

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Sertig – Revival war also ein voller Flop, - zumindest vom finanziellen Gesichtspunkt aus betrachtet.

PS: es fand sich auch kein zur Rucksackbetankung befähigter Hofhund